Hochtour vom 16.-17.8.2012.

Wenn mit knapp 4000 Metern auch nicht im geografischen Sinne, so doch touren-technisch das Highlight des Jahres (ich schreibe dies noch im laufenden Jahr, bin mir aber sicher). Und dann durfte es gerade noch der Nordgrat sein, schöner und einsamer als die Normalroute.

Der Hüttenzustieg ab Ausserberg zur Baltschiederklause, ab der man üblicherweise zum Nordgrat geht, schreckt mit 1700 Metern schon so manchen Tourengänger ab. Wolfgang hat ihn mit mir im strömenden Regen unter die Füsse genommen, aber schon am Nachmittag verschwanden die Wolken. Wir hatten einen äusserst gemütlichen Nachmittag an der hübschen Hütte, die sehr gut geführt ist.

Allerdings bekommt sie wenig Gäste. Der Weg auf's Bietschhorn über den Nordgrat ist nicht nur wegen des Hüttenzustiegs länger, er ist auch technisch anspruchsvoller. Zusätzlich gibt es keine Wanderrouten zur Hütte ausser des Zustiegs, weshalb sich wenig Wandergäste hierher verirren. Folglich waren in der Hütte nur zwei Wanderer aus der Romandie, denen bis zum Eintreffen auch nicht klar war, dass es am nächsten Tag wieder "runter" heisst, und vier lustige Strahler. Wir die einzigen Nordgratkandidaten, und dies bei einer blendenden Wettervorhersage, sieht man mal vom "Wandertag" zur Hütte ab.

Jetzt zum Nordgrat. Er weist einige steile und sehr exponierte Firnpassagen auf, die je nach Umständen gesichert werden müssen, und zwei Kletterstellen im IV. Grad. Der erste Firnhang ist ostexponiert und war leicht vereist, so dass wir eine Seillänge sichern mussten, die messerscharfe Firnschneide im weiteren Verlauf tadellos zu gehen. Bei den beiden Kletterstellen handelt es sich jeweils eigentlich nur um einen kritischen Zug, bei denen ich allerdings trocken schlucken musste, und vorgestiegen wäre ich sie sicher nicht. Möglicherweise könnten beide Kletterstellen aber in den exponierten und bröckligen Flanken umgangen werden.

Vorteile des Nordgrats - und damit zum Westgrat: Der Fels ist überall intakt. Ein Genuss im Vergleich zum bröckligen, zerfransten, schuttigen Westgrat, dem Normalweg von der Bietschhornhütte. Hier ging die Zeit drauf, von der wir zum Glück genug hatten. Nicht mehr als 100 Höhenmeter pro Stunde, im Abstieg, wohlgemerkt.

Nachdem der Grat langsam breiter wird, bewegt man sich noch eine gefühlte Ewigkeit im wackligen Blockschutt, quert einen kleinen Gletscher (mit Gegenanstieg), bevor man ins Bietschjoch gelangt, von wo aus es wirklich nur noch bergab geht.

Aber viel davon. Meine diesjährige Schwäche beim Bergabgehen hatte ich ja schon am Nadelhorn bemerkt, und meine Schenkel brannten eigentlich schon am Bietschjoch. An der Bietschhornhütte konnte ich zwar nochmal zwei Fläschchen Cola (Zucker und Koffein, alles was man braucht) einleeren, aber abgesehen von mächtigem Sodbrennen hat das auch nicht viel geändert. Wahrscheinlich zu viel Bike in diesem Jahr, da braucht man nur die Hände (an den Bremsen) zum Bergabgehen.

Dennoch, der Nordgrat war das alpine Highlight dieses Jahr, und ich starte eine Initiative, dass an allen Hütten Bikes für den Heimweg bereitstehen.