Workshop vom 24.-25.11.2012.

Die Wintersaison kommt. Ski wachsen, Kanten schleifen, Belag ausbessern... doch halt. Dieses Jahr haben Matthias und ich ganz von vorne angefangen, nämlich mit Belag ausschneiden, die Kanten ankleben, laminieren, sägen, schleifen... Diesmal also kein neudeutscher "Workshop", bei dem nur gequatscht wird, sondern richtig basteln in einer alten Schreinerei bei Garmisch-Partenkirchen.

Anstelle selber viel zu schreiben, stelle ich hier einfach den Bericht von Matthias rein.

"Mein Nebensitzer sitzt tief zusammen gekauert im Sessellift neben mir. Am Wetter kann das an diesem strahlend hellen Skitag nicht liegen. Seine unvermittelte Frage „Was hast du denn da für Ski?“ liefert mir die Erklärung für seine ungewöhnliche Sitzposition. „Marke Eigenbau!“, gebe ich als Antwort, und nicht ohne Stolz erzähle ich, wie es dazu kam.

Schon seit einiger Zeit hatte Tilman und mich die Frage umgetrieben, ob man seinen Traumski selber bauen kann. Nebst ausführlichem Philosophieren über Was und Wie gab uns schliesslich das Internet den Hinweis, dass sich alle unsere Fragen auf dem Skibauworkshop von build2ride im bayerischen Garmisch würden klären lassen. Als wir an einem Samstag im November die alte Schreinerei in einem Garmischer Wohngebiet betreten, hat die Neugier schon längst über die Skepsis gesiegt, und tatsächlich, an den Wänden dokumentieren dutzende Paar Ski und Snowboards, dass die Grenzen des Möglichen von der eigenen Phantasie gesteckt werden. Nach einer kurzen Einführung und Erläuterungen zu Materialien und Arbeitsschritten zeigt uns der Seminarleiter einen zersägten Ski aus dem oberen Preisegement eines namhaften Herstellers und mir wird endgültig klar, dass hier nicht gebastelt, sondern ernsthaft konstruiert wird: Das Innenleben des Markenski offenbart, das unsere selbstgebauten Ski mit denselben hochwertigen Materialien und in nahezu derselben Bauweise entstehen werden.

Den Rest des Tages verbringen wir mit der Vorbereitung der Einzelkomponenten unserer Ski. Anhand einer Schablone, die nach unseren persönlichen Wünschen zu Länge, Radius, Breite und Schaufelform erstellt worden ist, schneiden wir den Belag aus, biegen die Kanten und fixieren diese mit Sekundenkleber am Belag. Unterdessen werden auf der Hobelbank neben an die stabverleimten Eschenholzkerne profiliert, um später dem gewünschten Spannungs-verlauf zu entsprechen. Triaxiales Glasfasergewebe und Laminierfolien werden zugeschnitten, Deckbeläge aus Holzfurnier werden ausgesucht und unter den Teilnehmern diskutiert. Nach einer zünftigen Stärkung mit bayerischem Leberkäs und Weissbier werden die Laminierformen auf die individuell gewünschte Vorspannung und Schaufelbiegung eingestellt und die vorbereiteten Einzelkomponenten in der Form ausgerichtet. Es geht bereits auf den Abend zu, als die Lockerheit der Teilnehmer und Seminarleiter einer spürbar angespannten Konzentration weicht: der Alles entscheidende Arbeitschritt, das Laminieren und Vakuumpressen der Einzelkomponeten, steht an. Spätestens 50 Minuten nach dem Anmischen des Epoxyharz müssen alle Schichten getränkt, präzise ausgerichtet und im Vakuumsack versorgt sein, sonst härtet das Harz aus, ohne die Schichten fest miteinander zu verkleben. Zwar gibt mein Vakuumsack kurz bevor der nötige Unterdruck von einem halben Bar erreicht ist mit einem Knall den Geist auf, aber der schnellen Reaktion der Seminarleiter sei dank schafft es auch mein Ski noch rechtzeitig in den Vakkumdruck und in den mannshohen Ofen wo die Ski über Nacht bei rund 70 Grad aushärten.

Einige Teilnehmer fangen nervös an zu zappeln, als am frühen Sonntagmorgen die Türen des Ofens geöffnet werden, aber siehe da das Vakuum und die Wärme haben ganze Arbeit geleistet. Nach dem Entfernen des Vakuumsacks halte ich ein dickes Sandwich in der Hand, in dem sich in der Unterseite deutlich die Umrisse der Ski abzeichnen. Es erinnert ein wenig an die Bastelbögen aus der Kindheit als es daran geht, die Ski mit der Stichsäge entlang der Kanten aus dem Sandwich auszuschneiden – eine zeitintensive und vor allem staubige Angelegenheit. Zum Ersten mal halte ich nun meine Ski wirklich in der Hand! Die letzten Schritte verpassen dem Ski noch das richtige Finish. Die Sägeschnittflächen werden verschliffen, das Deckfurnier wird eingeölt, der Belag und die Kanten werden eingeschliffen und die Bindung wird montiert. Als wir endlich am frühen Abend die Heimreise antreten, liegen zwei arbeitsintensive und spannende Tage hinter uns und zwei Paar matt schimmernde Ski im Kofferraum.

An der Bergstation verabschiede ich mich von meinem Nebensitzer. Während ich mich die nächste Piste hinunterstürze kommt mir seine zweite Frage wieder in den Sinn: „Und die fahren wirklich!?“ Die Antwort legt sich als ohrenbreites Grinsen auf mein vom Fahrtwind eingefrorenes Gesicht."